Chan­ge­ma­nage­ment und Super­vi­si­on – wie passt das zur dyna­mi­schen Businesswelt?

Ver­än­de­run­gen sind heu­te in fast jeder Orga­ni­sa­ti­on ein fester Begriff gewor­den. Nur gibt es nicht in jeder Orga­ni­sa­ti­on ein kla­res Ver­ständ­nis und eine ein­deu­ti­ge Hand­lungs­op­ti­on zum Umgang mit Veränderungsprozessen.

Ins­be­son­de­re die Digi­ta­li­sie­rung und per­ma­nen­ten Ver­än­de­run­gen von Kun­den­wün­schen führt in den Unter­neh­men unwei­ger­lich zu gro­ßen Ver­än­de­run­gen. Fol­gen­der Satz ist bezeich­nend: „Die ein­zi­ge Kon­stan­te in unse­rem Unter­neh­men ist die Ver­än­de­rung“. Es ist viel­fach zitiert und wirkt täg­lich wie ein Man­tra auf Mit­ar­bei­ter und Führungskräfte.

Chan­ge und Transformation

Jede Ver­än­de­rung lösen bei Mit­ar­bei­ten­den Unsi­cher­hei­ten aus. Die­se füh­ren zu Stress und Pro­duk­ti­vi­täts­ver­lu­sten. Daher ist es aus mei­ner Sicht beson­ders wich­tig, in der Bewäl­ti­gung der Ver­än­de­rungs­pro­zes­se durch Klar­heit Sicher­heit, Ori­en­tie­rung und Unter­stüt­zung zu vermitteln.

Vie­le Unter­neh­men befin­den sich nicht nur in einem Ver­än­de­rungs­pro­zess, son­dern in der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on, was bedeu­tet, dass in der Regel meh­re­re Ver­än­de­rungs­pro­zes­se (Chan­ge­kur­ven) par­al­lel lau­fen. Es ist in der Regel nicht vor­her­seh­bar wie die Orga­ni­sa­ti­on nach der Trans­for­ma­ti­on wirk­lich aus­se­hen wird.

Das Agi­le Chan­ge­ma­nage­ment ist dafür ein Ansatz, der die Anwen­dung agi­ler Metho­den im Umgang mit Ver­än­de­rungs­pro­zes­sen beinhal­tet. Die­se Betrach­tungs­wei­se wird an die­ser Stel­le nicht wei­ter ver­tieft. Ich emp­feh­le für alle Inter­es­sier­ten den Arti­kel zu die­sem The­ma von Oli­ver Kohn­ke und Doris Wie­ser. (Maga­zin: „Organisations­entwicklung“ vom 06.03.2019).

Nach­hal­ti­ge Ver­än­de­rung durch Supervision

Als Betriebs­wirt und Super­vi­sor möch­te ich hier ein Bera­tungs­kon­zept beleuch­ten, das aus mei­ner Sicht einen wert­vol­len Bei­trag in der erfolg­rei­chen Gestal­tung von Ver­än­de­rungs- und Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­sen bie­ten kann. Der latei­ni­sche Begriff Super­vi­si­on bedeu­tet „Über-Blick“. Damit kann die Beob­ach­tungs­ebe­ne, die Hand­lungs­ebe­ne und die Refle­xi­ons­ebe­ne von Men­schen im orga­ni­sa­tio­na­len Kon­text betrach­tet wer­den. Ziel ist die Ver­bes­se­rung der Arbeit in Orga­ni­sa­tio­nen durch die Refle­xi­on des eige­nen Den­kens, Füh­lens und Han­delns in der Bezie­hung zu ande­ren Menschen.

Bis heu­te ist die Super­vi­si­on als fester Bestand­teil in sozia­len, päd­ago­gi­schen und medi­zi­ni­schen Berei­chen imple­men­tiert. In Wirt­schafts­un­ter­neh­men steckt sie noch in den Kin­der­schu­hen, aber ihr kommt aus mei­ner Sicht, gera­de im Zeit­al­ter der Digi­ta­li­sie­rung, eine immer wich­ti­ge­re Bedeu­tung zu. Ins­be­son­de­re in unsi­che­ren, beweg­ten Zei­ten ist es erfor­der­lich, die eige­nen Gefühls‑, Denk- und Ver­hal­tens­wei­sen zu reflek­tie­ren und zu über­prü­fen, wel­chem The­ma ich als unter­neh­me­risch ver­ant­wort­li­cher Han­deln­der Bedeu­tung bei­mes­sen möchte.

Lösun­gen durch Supervision

In einer wech­sel­haf­ten (vola­ti­len), unsi­che­ren, kom­ple­xen und von Viel­schich­tig­keit (Ambi­gui­tät) gepräg­ten Welt (VUCA World) liegt der Unter­schied zu einem erfolg­rei­chen Ergeb­nis, dar­an, ob dem ange­streb­ten Ergeb­nis in sei­ner gan­zen Bedeu­tung eine Chan­ce zur Ent­wick­lung gege­ben wird.  Super­vi­si­on unter­stützt das Indi­vi­du­um, Teams, Grup­pen und Orga­ni­sa­tio­nen, ihre Struk­tu­ren und Hand­lun­gen zu reflek­tie­ren. Durch die Pro­zess­be­glei­tung des Super­vi­sors wer­den in einem gemein­sa­men Ent­wick­lungs­pro­zess Lösun­gen erarbeitet.

Emo­tio­na­le Ent­wick­lun­gen, struk­tu­rel­les Ver­ständ­nis, krea­ti­ves Den­ken und die Ent­wick­lung neu­er Per­spek­ti­ven für pro­fes­sio­nel­les Han­deln ste­hen im Vor­der­grund. Super­vi­si­on kann dabei die Viel­fallt der Per­spek­ti­ven auf­zei­gen und trägt Ver­ant­wor­tung für den Men­schen, mit dem wir arbei­ten — sie­he auch genaue­re Defi­ni­ti­on unter Euro­pean Asso­cia­ti­on for Super­vi­si­on and Coa­ching (EASC).

Super­vi­si­on ist eine Bera­tungs­kom­pe­tenz und kann aus mei­ner Erfah­rung her­aus durch den Super­vi­sor im eige­nen System nicht wir­kungs­voll durch­ge­führt wer­den. Es braucht die All­par­tei­lich­keit und die emo­tio­na­le Distanz.

Bewusst­wer­dung mit Supervision

Super­vi­si­on ist ein refle­xi­ver Pro­zess, der sich mit einer Situa­ti­on aus dem beruf­li­chen Kon­text aus­ein­an­der­setzt, um Ent­wick­lung zu ermög­li­chen. Super­vi­si­on wert­schätzt die Ver­gan­gen­heit und die Gegen­wart glei­cher­ma­ßen und prüft, was wir dar­aus als Indi­vi­du­um, Team, Grup­pe und Orga­ni­sa­ti­on ler­nen kön­nen, um die Zukunft erfolg­reich zu gestalten.

Als Super­vi­sor schaf­fe ich Räu­me zum Inne­hal­ten, zum Den­ken, für Per­spek­tiv­wech­sel, für Demut und zur För­de­rung der Inno­va­ti­ons­kraft, um Men­schen und Orga­ni­sa­tio­nen für die Zukunft zu stär­ken. Für Ver­än­de­rungs­pro­zes­se bedeu­tet dies, sich zu Beginn des Pro­zes­ses mit dem „Wes­halb“ aus­ein­an­der zu setz­ten. Ist das „Wes­halb“ geklärt, ist der Sinn einer Ver­än­de­rung bewusst gemacht. Erst dann kann ich als Indi­vi­du­um über­prü­fen, ob die­ser Sinn mit mei­nen eige­nen Wer­ten und Bedürf­nis­sen über­ein­stimmt, mir per­sön­lich Sinn ver­mit­telt und mei­ne intrin­si­sche Moti­va­ti­on fördert.

Klar­heit durch Richtung

Ist der Sinn geklärt, ist die näch­ste Fra­ge zu mehr Klar­heit das „Wohin“. Wohin wol­len wir uns ver­än­dern. Wel­ches Bild der Zukunft gestal­ten wir? Wie sieht die­ses Bild aus unse­rer Wahr­neh­mung her­aus aus? Was ist noch unklar, und was bedeu­tet die­se Unsi­cher­heit für uns?

Super­vi­si­on för­dert eine ganz­heit­li­che und ehr­li­che Betrach­tung eines Pro­zes­ses. Wer und was wird durch die Ver­än­de­rung betrof­fen sein? Wel­che Hür­den wer­den uns begeg­nen? Wie wer­den wir die­se bewäl­ti­gen und was brau­chen wir, um uns dafür zu stärken?

Jede Ver­än­de­rung wird auf etwas auf­ge­setzt. Super­vi­si­on stellt die Fra­ge nach einem Fun­da­ment: Was wol­len wir bewah­ren und was hat sich bewährt? Was macht uns aus und wofür schät­zen uns unse­re Kun­den beson­ders? Die­se Fra­gen bezie­hen sich nicht allein auf Inhal­te son­dern ins­be­son­de­re auf die Gestal­tung von Beziehungen.

Klar­heit durch Loslassen

Ler­nen kön­nen wir beson­ders aus unse­ren Feh­lern. Was wol­len wir künf­tig genau nicht mehr machen? Wel­che Chan­cen bie­ten die Ver­än­de­run­gen, um Pro­duk­te, Struk­tu­ren, Pro­zes­se und bestimm­te Ver­hal­tens­wei­sen auf­zu­ge­ben. Was wol­len wir los­las­sen, um Neu­es zu gestalten?

Ver­än­de­run­gen leben von Akzep­tanz. Die­se ent­steht maß­geb­lich durch Machen und Erle­ben der Ver­än­de­rung und die­se gelingt durch klei­ne Schrit­te und die ite­ra­ti­ve Gestal­tung von Neu­em. Womit fan­gen wir an? Wo lie­gen die Schmerz­punk­te (pain points)? Was lässt sich direkt in die Umset­zung brin­gen, und wel­che Maß­nah­men för­dern ein Ler­nen der Organisation?

Bezie­hun­gen gestalten

Ist das „Wes­halb“ und das „Was“ geklärt, setzt sich die Super­vi­si­on ins­be­son­de­re mit dem „Wie“ aus­ein­an­der. Wie müs­sen Struk­tu­ren geschaf­fen sein, um nah an Kun­den­be­dürf­nis­sen zu arbei­ten? Wie för­dern wir Inno­va­tio­nen? Wie gestal­ten wir die Pro­zes­se und wie gestal­ten wir trag­fä­hi­ge Bezie­hun­gen und Netzwerke?

Kurz­um, Super­vi­si­on setzt sich mit der Ent­wick­lung von Men­schen aus­ein­an­der. Sie unter­stützt dabei, die indi­vi­du­el­len Kon­struk­te von Men­schen bewusst zu machen, die­se zu ent­zif­fern und die­se zu ver­än­dern. Die­ser Ent­wick­lungs­pro­zess för­dert ins­be­son­de­re die Selbst­steue­rung von Men­schen in Organisationen.

Mehr­wert für das Gelin­gen von Change

Um lang­fri­sti­ge nach­hal­ti­ge Erfol­ge ver­zeich­nen zu kön­nen, gilt es zu ver­ste­hen, dass Super­vi­si­on ein lang­fri­sti­ger Pro­zess ist. Sie stellt ele­men­ta­re Fra­gen, um Ver­än­de­rungs­pro­zes­se nach­hal­tig imple­men­tie­ren zu kön­nen.  Super­vi­si­on benö­tigt dafür Zeit und bedeu­tet daher eine Inve­sti­ti­on, damit Orga­ni­sa­tio­nen und Men­schen mit gesun­den Bezie­hun­gen in beweg­ten Zei­ten gut mit­ein­an­der arbei­ten können.

Autor: Fabi­an Esser