Die Opferfalle: Schuld sind immer die Anderen? Kennen Sie auch Menschen, die ihre eigenen Hände auffällig häufig in Unschuld waschen? Ganz gleich ob im Privaten oder im Job — an der persönlichen Unzufriedenheit, dem Misserfolg, der belastenden Situation oder oder oder — Schuld sind immer die anderen. Sehr beliebt dabei sind die Ausreden und Schuldzuweisungen und nicht zu vergessen die vielen negativen Bewertungen. Diese beziehen sich selbstverständlich nicht auf die eigene Person, sondern immer auf andere Menschen und natürlich die ungünstigen Umstände.
1. Achte auf Ausreden, Bewertungen oder Schuldzuweisungen
Erkennbar sind diese an Satzkonstruktuionen wie diese:
- „Ich hätte es ja geschafft, aber …“
- „Weil die anderen …, konnte ich nicht …“
- „Wenn nicht …X… gewesen wäre, dann hätte ich schon lange …XXX…“
- „Wenn es mir nicht so schlecht ginge, dann …“
2. Wohnt der Ausredenkünstler in Dir? Dann schmeiss ihn raus!
In der selbstgewählten Opferrolle haben der Selbstbestimmer und Ausredenkünstler Topüberlebenschancen. Für alles, was den beiden widerfährt, suchen und finden sie Schuld bei den Anderen und Ausreden. Auf Dauer ist das für Freunde, Kollegen und selbst Familienmitglieder anstrengend, weshalb diese auf Dauer lieber auf Distanz gehen. Umso wichtiger ist es spätestens dann, sich selbst zu hinterfragen. Oft hilft es schon, einfach mal zu schweigen und nicht negativ zu bewerten, sondern gezielt zu schauen, was Gutes an der Situation ist.
3. Die extreme Form: Gaslighting — die Realtiät verleugnen
Vielleicht liegt zur Opfermentalität sogar eine extreme Form des Verleugnens vor? Gaslighting ist eine manipulative Taktik, die in verschiedenen Variationen von drei Phrasen beschrieben werden kann: “Das ist nicht passiert”, “Das hast Du Dir nur eingebildet” und “Bist du verrückt?” Menschen mit starker Opfertendenz wenden diese Phrasen in Kombination bei Mitmenschen an. Kommen diese Sätze und Gedanken häufiger vor, dann sind sie ein deutliches Wahnsignal und haben sich möglicherweise im Handeln und Denken als Muster verfestigt. Gaslighting ist eine heimtückische manipulative Taktik. Nicht alle, aber viele Anwender kennen den Nutzen.
Der Sinn für Realität wird untergraben und verzerrt und entsprechend weitergegeben. Das kann verherrende Auswirkungen auf das Umfeld haben. Um der Realtitätverleugnung zu widerstehen, ist es wichtig, sich selbst in der eigenen Realtität zu erden, zum Beispiel Erlebnisse zu notieren, sie mit Freunden zu teilen oder sich einem Netzwerk anzuschließen, um gezielte Maßnahmen anzustreben. Die Gemeinschaft dieser Netzwerke kann helfen, die eigene innere Führung und Verantwortung zurück zu erlangen und diese Form der Manipulation künftig gegenüber seinen Mitmenschen zu unterlassen.
4. Kurzfristige Vorteile der Opferrolle
Das Einnehmen der Opferhaltung mit abschätzigen Bewertungen, Ausreden und Schuldzuweisungen bringt kurzfristig sogar Vorteile. Nicht selten lassen sich andere Menschen davon für eine gewisse Zeit manipulieren. Auf Dauer “handelnde Opfer” sind jedoch nicht zu ertragen. Wer Mitmenschen nicht verlieren möchte, sollte sein manipulatives Verhalten so schnell wie möglich einstellen. Damit das besser gelingen kann, ist es wichtig nach dem eigenen Grund der Opfermentalität zu fragen und diesen zu identifizieren.
5. Bist Du ein Opfer-Fan? Finde die Gründe für die Opferhaltung
Jeder Mensch besitzt eine prägende Vorgeschichte. Hier manifestierten sich häufig Glaubenssätze und eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster. Die Gründe, warum Menschen sich plötzlich und spontan für die Opferrolle entschließen, sind vielfältig und werden von ihnen gern auch in Kombination genutzt. Den eigenen Glaubenssätzen auf die Spur zu kommen, wäre ein erster richtiger Ansatz. Jeder Mensch hat eigene Glaubenssätze, die ein jeder über sich kennen und regelmäßig überprüfen kann. Ein Coaching gibt hierbei praktische und schnelle Unterstützung.
Grund 1: Komforthaltung Opfer
Das Wegschieben von Eigenverantwortung ist sehr bequem und der leichteste Weg. Wer stets andere beschuldigt und Ausreden parat hat, ist selbst nicht verantwortlich, muss seine eigene Wahrnehmung nicht schärfen oder zur Verbesserung beitragen — sprich: er muss nicht handeln und kaum entscheiden. Die passive Opferrolle ist da weitaus komfortabler. Ein weiterer positiver Nebeneffekt für die Opferhaltung: Das Selbstmitleid schützt vor Aktivität und Anstrengung. Auch kann mit dem Selbstmitleid Aufmerksamkeit und Mitleid erzeugt werden. Frage an sich selbst: Würde ich mich selbst gern mit so einem Menschen umgeben und möchte ich so ein Mensch wirklich sein?
Grund 2: Emotionaler Profit
Die Opferrolle bringt den Anwendern oft Mitleid, Trost, Verständnis und Aufmerksamkeit. Für konstruktive Tipps ist das Interesse aber eher in der Regel sehr gering. Versprechungen werden ignoriert oder nur alibimäßig kurzfristig umgesetzt. Ratschläge sind schließlich Schläge. Lieber umgeben sie sich mit Menschen, die auch viel stöhnen und leiden. Dieser Gewinn von Nähe ist allerdings nicht nachhaltig und beziehungsfördernd, sondern macht auf Dauer unbeliebt und einsam.
Grund 3: Überlegenheit
Wer sagt, dass die Anderen dumm oder sogar schlecht seien, stellt sich über sie. Und weil der „Opfermensch“ viel besser ist als alle anderen, in seinen Kompetenzen, Fähigkeiten, im Denken und Handeln, sind die Anderen dumm oder werden von ihm vielleicht sogar als böse oder gestört bezeichnet. Dadurch hebt sich der “Opfermensch” selbst in eine moralisch überlegene Position, die er für sein schwaches Selbstwertgefühl braucht und ihm vielleicht sogar kurzfristig das Gefühl von Macht und Kontrolle verleiht. Dieses Muster kann am besten über Bord geworfen werden, indem das eigene Selbstwertgefühl mit den Dingen des Lebens gestärkt werden, die tatsächlich erfüllen. Damit sind wir bei der Frage: Was brauche ich wirklich?
Grund 4: Geringes Selbstbewusstsein
In der Regel sind es nicht die selbstsicheren Menschen, die sich regelmäßig als vermeintliches Opfer präsentieren. Mangelt es an Selsbtwertgefühl, kann die Opferhaltung auch von dem großen Verlangen nach Bestätigung und Anerkennung herrühren. Was fehlt wirklich, wie lauten die eigenen Befürfnisse und wie können sie nachhaltig erfüllt werden? Die Antworten auf diese Fragen helfen dem eigenen Bewusstsein, um wieder stärker zu werden.
Grund 5: Projektion
Negative Emotionen wie Frust, Ärger, Wut und Enttäuschung werden gezielt an bestimmten Personen (z.B. Partner, Partnerin, Schwester, Bruder, Mutter, Vater, Kollegen, Vorgesetzte, Mitarbeiter) durch verbale Gewalt oder sogar körperliche Angriffe ausgelassen. Legitmiert werden diese Angriffe, indem andere schuldig gesprochen werden.
Das eigene Unvermögen und die damit verbundene Unzufriedenheit werden auf andere projeziert, damit keine Eigenverantwortung übernommen werden muss. Genau zu diesem Zeitpunkt muss ein Schuldiger her. Kurzfristig geht es dem “Opfermensch” und Opfer-Fans besser. Selbstverantwortung und Selbständigkeit werden jedoch nicht gelernt. Wer diese wirklich lernen will, sollte diese Formen von Projektion sofort stoppen, sich selbst und seine Gedanken beobachten und gezielte Maßnahmen der Unterstützung ergreifen. Ein Coaching kann hier ansetzen und gezielte Unterstützung bei dem Verändern von Denk- und Verhaltensmustern bieten.
Hinweis: Dieser Text handelt nicht von Menschen, denen schweres Leid zugefügt wurde oder widerfahren ist. Opfer brauchen wahren Opferschutz, und der beginnt mit Verständnis. Dieser Beitrag witmet sich Menschen, die eine Opferrolle (kreieren und) regelmäßig für eigene Interessen instrumentalisieren und auf der Suche nach Unterstützung sind.
Autorin: Maria Vaske