Veränderungen erfolgreicher gestalten — durch Beobachtung, Reflexion und bewusste Handlung . ist das mögliche? Ja mit Supervision. Sie regt zur Reflexion des eigenen Handelns an und verbessert die Qualität professioneller Arbeit. In medizinischen und sozialen Bereichen ist diese Form der Qualitätssicherung seit den 70er Jahren fest verankert und von vielen Mitarbeitern nicht mehr wegzudenken.
Mit Supervision erfolgreicher
In Wirtschaftsunternehmen erlangt Supervision eine zunehmend größere Bedeutung. Und dies vor dem Hintergrund der Entwicklung agiler Organisationsformen in vielen Unternehmen. Wir sind mittendrin! Die Welt verändert sich rasant durch die Mega-Trends unserer Zeit: Digitalisierung, Klimawandel, Globalisierung, Krisen und soziologische Veränderungen.
Die Pandemie Covid-19 hat uns nochmals sehr deutlich vor Augen geführt, dass wir uns in einer „neuen Wirklichkeit“ und mitten in einer Transformation befinden. Wohin die Entwicklung führt, ist offen. Sicher ist, dass wir uns als Menschen in dieser Zeit rasant selbst entwickeln. Die Wirklichkeit, in der wir leben und arbeiten ist volatile, unsicher, hoch komplex und vielschichtig (VUCA-Welt). Wir haben jetzt die Möglichkeit, das Neue zu gestalten, zu lernen und eine Wirklichkeit zu kreieren, in der wir gerne leben und arbeiten.
Ich bin davon überzeugt: Das funktioniert nur gemeinsam! Durch Beobachtung, Lernen, achtsame und aktive Beziehungsgestaltung und durch Anpassungen von menschlichem Verhalten im Kontext von Organisationen, in denen wir arbeiten. Organisationen sind Systeme, in denen Menschen dynamisch agieren. Und nach Viktor Frankl bedeutet Menschsein nichts anderes als: Bewusst-Sein und verantwortlich-Sein. Agile Supervision bildet den Rahmen für diesen Prozess.
Bessere Lerngeschwindigkeit
Eine Organisation ist dann erfolgreich, wenn Ihre Lern- und Innovationsgeschwindigkeit sich der Dynamik des Marktumfeldes anpasst. Diese Aussage ist gerade jetzt täglich spürbar.
Um etwas zu lernen, muss ich es beschreiben können. Um etwas zu beschreiben, muss ich es beobachten und in Zusammenhänge bringen. Um zu überleben, muss ich täglich Entscheidungen treffen. Um Geschwindigkeit zu erreichen, ist es gut innezuhalten, um dann planvoll und fokussiert zu handeln. Um etwas zu verändern, muss ich wissen, wo ich selbst stehe und wohin ich möchte.
Der Begriff Supervision wird lateinisch aus dem Begriff Videre (lateinisch) abgeleitet und bedeutet sehen; etwas im Blick behalten und diesem eine Bedeutung geben; sich fokussieren. Unter Agilität verstehen wir die Beweglichkeit von Organisationen und Menschen und die Fähigkeit sich schnell an die Bedürfnisse des Kunden und Marktes anzupassen.
Ich verstehe unter Agiler Supervision eine Haltung und ein Konzept, das verschiedene Disziplinen aus der Psychologie, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft miteinander verbindet, um Menschen in Organisationen dabei zu unterstützen, sich zu entwickeln, sich anzupassen, um langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Agile Supervision nutzt die transformative Kraft der Reflexion, damit sich Menschen und Organisationen in ihrem persönlichen Veränderungsprozess achtsam und nachhaltig weiter entwickeln können.
Wirklichkeit durch Reflexion
Reflektion bedeutet innehalten, sich die eigene Wirklichkeit im hier und jetzt bewusst machen, beobachten, analysieren, abwägen und sich für Handlungsoptionen entscheiden, um eine neue Wirklichkeit zu gestalten: STOP – Sit, Think, Observe and Plan to execute (STOP Prinzip nach…).
Mir begegnet immer wieder die Frage nach der Zeit: haben wir in unserer schnellen Welt überhaupt Zeit für Reflexion? Ich antworte darauf frei Nach Fred Ammon: „Wer für Reflexion keine Zeit investiert, kann diese auch nicht nutzen, nicht lernen, sich nicht anpassen, keine tragfähigen Beziehungen aufbauen und keine neuen Ideen generieren.“
Agilität — eine Frage der Haltung
Um die erforderliche Geschwindigkeit aufzunehmen, benötigen Organisationen deshalb Agilität in Haltung, Strukturen und Prozessen. Agilität ist die ausgerichtete Fähigkeit sich an geänderte Gegebenheiten anzupassen und dabei den Kunden und seine Bedürfnisse konsequent im Blick zu behalten (speed to market). Maßgeblich dabei ist die agile Haltung (agiles Manisfest), die ein strukturiertes und selbstgesteuertes Vorgehen ermöglicht und fördert. Durch gezieltes Analysieren und Beobachten kommt es zu besseren und schnelleren Lösungen. Das System lernt permanent.
Agile Supervision nutzt die Haltung der Supervision und verbindet diese mit den Grundsätzen der Agilität und der Wirtschaftswissenschaften. Im Prozess der Supervision werden berufliche und unternehmerische Situation betrachtet, in denen sich Menschen befinden. Diese von verschiedenen Perspektiven beleuchtet, um individuelle Lösungen zu generieren. Supervision ist ein reflexiver, transaktiver und damit offener Prozess der Weiterentwicklung. Damit unterstützt die Supervision die Entwicklung „lebender Organisationen“, die von Menschen und damit Individuen gestaltet und geführt werden.
Durch die Kombination von Agilität und Supervision entsteht eine am Kunden, der Organisation und am Menschen ausgerichtetes Denken, Fühlen und Handeln sowie eine Entwicklungsgeschwindigkeit, die das Individuum und die Organisation selbst bestimmen und die damit nachhaltig zu verkraften und umsetzbar ist.
Es geht in jedem Prozess um das „Bewusst-Sein“. Sich das eigene Denken, Fühlen und Handeln bewusst zu machen — auch um bewusster leben und arbeiten zu können. Agile Supervision ist somit eine Haltung zum Leben und zum Arbeiten. Es ist ein Modell zur Sortierung der Gedanken, der Gefühle und Handlungen und zur Gestaltung umsetzungsrelevanter, kulturprägender Handlungsalternativen. Ich verstehe darunter die Kunst, Reflexionsdynamiken zu nutzen, um eigene, authentische und nachhaltige Lösungen zu generieren. Lösungen, die in einem transformativen Prozess entstehen. Es wird die Kompetenz entwickelt, sich als Mensch und Organisation schnellstmöglich an neue Gegebenheiten anzupassen und sich dabei fortlaufend weiter zu entwickeln.
Bewusstseinsschaffung — ein Prozess
Agile Supervision ist ein Prozess für Einzelne und Gruppen und betrachtet den Markt, die Organisation, Führung, Teams und den Menschen als Individuum im Zusammenspiel von Beziehungen.
Es geht darum „Bewusst-Sein“ zu schaffen, um Lernen und Entwicklung. Im Prozess befasst sich die Agile Supervision mit den Fragen: „Weshalb“ tun wir etwas? „Was“ tuen wir? „Wie“ tun wir etwas? Diese drei Fragestellungen haben eine nachhaltige Bedeutung für die Entwicklung von Organisationen. Durch die Beantwortung dieser Fragen werden Visionen gestaltet, Strategien und Ziele entwickelt, Führung und Zusammenarbeit definiert, Identität und Kultur entwickelt sowie Persönlichkeitsentwicklung gefördert.
Die Kraft der Reflexion mithilfe von Fragen wie:
- Was hat für mich persönlich eine Bedeutung?
- Wie geht es mir dabei?
- Was hat das mit meiner Biographie zu tun?
- Was ist mein Beitrag, damit wir vom „Ich“ zum „Wir“ kommen?
- Weshalb tuen wir etwas? Was ist der wertebasierte Sinn unseres unternehmerischen und persönlichen Handelns?
- Was ist der Nutzen für den Kunden? (innovatives und kundenzentriertes Handeln)
- Wie tuen wir etwas (smarte Organisationsstrukturen, effiziente Prozesse und dynamische Rollenbilder)?
- Wie kooperieren wir? Wie gestalten wir tragfähige Beziehungen und Netzwerke, in deren Mittelpunkt der Kunde steht?
- Wie führen wir (auf den Menschen orientierte, achtsame Führung, die Resilienz und Selbststeuerung fördert)?
- Wie treffen wir Entscheidungen?
- Wie reflektieren und lernen wir?
- Wie innovieren wir?
Die Teilnehmer bekommen Raum für Ihre Gedanken, Gefühle und Worte. Es geht zunächst um das Individuum: das ICH. Vielleicht lernt ein Teilnehmer/eine Teilnehmerin in diesem Prozess das erst Mal, dass er das ausdrückt, was im wirklich wichtig ist. Es geht um das Gehört werden und Zuhören. Es werden Unterschiede deutlich und diese wertgeschätzt. Durch das Spiegeln von Worten und Gefühlen in der Gruppe, werden Beziehungen gestaltet und die Unterschiede werden zu einem gemeinsamen Bild: einem WIR.
Identifikation gemeinsamer Werte
Es geht darum eine gemeinsame Identifikation zu erforschen und zu entwickeln: Wo wollen wir gemeinsam hin und weshalb? Was wollen wir bewahren? Was müssen wir konkret tun? Wie wollen wir dabei kooperieren? In diesem Prozess arbeiten wir gemeinsam im hier und jetzt mit den Ressourcen, die die Teilnehmer / Teilnehmerinnen mitbringen. Der Prozess sorgt für die Klärung in Beziehungen und in der Sache und gestaltet den erforderlichen Entwicklungsprozess gemeinsam mit den Teilnehmenden.
Gearbeitet wird in verschiedenen Settings, die individuell abgestimmt werden. Das heißt auch Innehalten: sich beobachten, analysieren und bewusst in Beziehung gehen: zum Kunden, zu Kollegen und Stakeholdern. Gemeinsam eine neue Wirklichkeit gestalten und Strukturen schaffen, um für die nachhaltige Umsetzung von Veränderungen zu sorgen.
Aufgaben eines externen Supervisors
Als externer Supervisor verstehe ich mich als interdisziplinär ausgebildeter Lernbegleiter für Entwicklungsprozesse. Dabei bin ich selbst Lernobjekt, Seismograph und Wissensvermittler. Ich begleite den transformativen Prozess durch Struktur, Hypothesen, impulsgebende Fragen, Zumutungen, das Aushalten von Stille und Reaktionen, durch Resonanz sowie durch geeignete Modelle und Informationen, die in der Praxis anwendbar sind.
Die gemeinsame Arbeit ist auf Augenhöhe und wertschätzend. Es geht um:
- die Unterstützung der Gruppe
- neues Lernen und Neues zu entwickeln
- das Erkennen von Widerständen und Blockaden
- das Lernen von Akzeptanz
- das Verhalten im hier und jetzt
- den Blick auf das große Ganze
- die Entwicklung eigener Lösungen
- den Abschied von einzelnen Themen
- das Entwickeln alternativer Handlungsmöglichkeiten: Was tust du, was fühlst du, was möchtest du, was erwartest du und was vermeidest du?
- die Transformation vom Fremden ins eigene Bewusstsein
Was ich persönlich einbringe:
- ich nehme wertschätze Unterschiede
- ich kann klar und taktvoll schwierige Situationen gestalten
- ich stelle sensible Fragen und positioniere mich klar, wo erforderlich
- ich kenne betriebswirtschaftliche Zusammenhänge
- ich schaffe Bewusstsein von Konsequenzen auf allen Ebenen eines Systems
- ich habe Respekt und Ehrfurcht vor der Aufgabe
- ich achte auf die Themen für die Energie da ist und unterstütze die weitere Aktivierung dieser Energie
- ich verstehe mich als Begleiter und Förderer von Entwicklung – nicht als Berater oder Retter
- ich übernehme Verantwortung für den Prozess und bin persönlich da
- ich beobachte und höre aufmerksam zu
- ich fördere bedeutsame Kontakte durch die Unterstützung von Klarheit und Beziehung
- ich kann in der Gegenwart bleiben und mich voll auf den gerade ablaufenden Prozess konzentrieren und bei Bedarf intervenieren, um natürliche Entwicklung zu fördern
- ich kann Raum geben und Dinge geschehen lassen
- ich kann Gefühle aushalten und Widerstände wertschätzen und als Antrieb betrachten
- ich vertraue meinen eigenen Intuitionen und bringe diese bei Bedarf zum Ausdruck
Merke:
Agile Supervision ist das Instrument für individualisiertes und nachhaltiges Lernen. Durch die Digitalisierung verändert sich unsere Lebens- und Arbeitswelt. „New Work“ betrachtet nicht mehr nur die reine Wirtschaftslehre, sondern bezieht eine sinn- und beziehungsorientierte Betrachtungsweise in unser unternehmerisches Handeln ein (Simon Sinek) und setzt dabei maßgeblich auf Selbstorganisation (Frederic Laloux).
Durch Agile Supervision machen Sie sich ihr Denken, Fühlen und Handeln bewusst und verbinden die eigenen Bedürfnisse mit den Erfordernissen der Organisation, um eine „neue Wirklichkeit“ nachhaltig zu gestalten.
Bewusst-Sein gibt Orientierung. Wenn ich weiß, was ich will und kann, gibt das Sicherheit in bewegten Zeiten. Das Führen meiner Selbst, einer Gruppe, Teams und ganzer Organisationen wird damit reflexionsorientiert und proaktiv statt aktionsgetrieben.
Autor: Fabian Esser (Organisationsberater, Supervisor, Coach, Trainer) — mehr unter: www.fabian-esser.com
Literaturquellen:
- Simon Sinnek: Finde Dein Warum
- Niels Pfläging: Organisation für Komplexität
- Otto Schmer: Theory U
- Frederic Laloux: Reinventing Organisation
- Fritz Perls: Grundlagen der Gestalttheorie